Stellungnahme des knwZu Schul- und Kitabesuchen chronisch kranker oder behinderter Kinder
26.05.2020:
Sehr viele Eltern haben sich verunsichert an uns gewandt wegen des Besuchs ihrer Kinder von Gemeinschaftseinrichtungen: die einen scheuen das Infektionsrisiko, weil ihre Kinder zu besonderen Risikogruppen gehören, andere sehen, dass ihre Kinder dringend die Teilhabe- und Betreuungsmöglichkeiten in Schule oder KiTa benötigen, viele sind schlichtweg durch den Wegfall der Betreuungsmöglichkeiten in psychische oder soziale Notlagen geraten.
Eine Einschätzung, welcher der richtige Weg ist, bleibt schwierig, weil die Halbwertzeit validen Wissens sehr klein ist und es bislang nur wenig Daten mit befriedigender Evidenz gibt.
Aus diesem Grunde haben wir bei den Fachgesellschaften nachgefragt, die zur Problematik des Schulbesuchs eine abgestimmte Positionierung erarbeitet haben.
Auf diese beziehen wir uns in unserer Stellungnahme (Handlungsempfehlung), wenn wir fordern, dass der Besuch von Schulen und KiTas auch Kindern mit Beeinträchtigungen schnell ermöglicht werden muss - und dass notwendige Ausnahmen problemlos realisiert werden können.
> Hier finden Sie unsere Stellungnahme.
Diese haben wir am 26.05.2020 an unsere Mitgliedsorganisationen sowie die Kultusministerien versandt - und stellen Sie auch hier für alle Interessierten sowie Betroffenen zur Verfügung.
Update Juli 2020: Reaktionen von Mitgliedsorganisationen
von Georg Doerry/ Bundesvereinigung SeHT e.V.
Gedanken zum Schul- und KITA-Besuch
Die Kontaktbegrenzung ist eine kollektive Therapie gegen die COVID-19-Pandemie. Wie andere Medikamente und Therapien verursacht sie Nebenwirkungen. Man muss sich also Gedanken machen, welche Nebenwirkungen auftreten können und wie man ihnen begegnet.
Der Nicht-Besuch von Schule und Kindertagesstätten hat gravierende Nebenwirkungen. Zunächst einmal versäumt man den Lernstoff. Und das Familiengefüge wird durch die veränderten Tagesstruktur beeinträchtigt. Möglicherweise werden Eltern an ihrer Erwerbstätigkeit gehindert. Und schließlich werden die betroffenen Kinder, Jugendliche, z.T. auch Erwachsene sozial abgehängt.
Die Therapie kann nur abgesetzt werden, wenn die Risiken aus der Pandemie vernachlässigt werden können. Wenn es die Risikolage der Pandemie noch erfordert, zumindest teilweise an der Kontaktbegrenzung festzuhalten, müssen in einer Übergangszeit die Risiken individuell abgewogen werden. Das heißt, der Besuch von Schulen und Kindertagesstätten kann für jeden Einzelfall entschieden werden.
Doch wie kann man die Folgen mindern? Die "Notbetreuung", die vielfach angeboten wird, hilft vielleicht den Eltern, begrenzt auch den Betroffenen, weil sie ihre Tagesstruktur wieder erhalten. Aber wie holt man den Lernstoff wieder rein? Wird vielleicht das Schuljahr wiederholt? Vielleicht soll sogar der gesamte Klassenverband kollektiv "repetieren", weil es eigentlich keine Chance gibt, den Lernstoff aus 2-4 Monaten nebenbei nachzuholen? Das hätte die Folge, dass die sozialen Strukturen nicht angegriffen würden. Einzelne Überflieger könnten einen Jahrgang weiterspringen. Und wenn im neunen Schuljahr kein vollwertiger Schulunterricht angeboten werden kann, müssen dann die Kinder in der KITA und Grundschüler in der Grundschule bleiben? Wäre vielleicht besser, als ein unvollständiger Schulunterricht in einer weiterführenden Schule.