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Pressemitteilung: Es reicht! Kindesmissbrauch von Kindern mit und ohne Behinderungen jetzt wirksam bekämpfen

Angesichts der dramatisch angestiegenen Zahlen sexuellen Missbrauchs und der erneut bekannt gewordenen Missbrauchshandlungen auch an Kindern mit Behinderungen fordert das Kindernetzwerk, dass endlich wirksame Maßnahmen zur Prävention, aber auch zur Strafverfolgung, ergriffen werden.

Im Fall Wermelskirchen sind bislang 73 Verdächtige und 33 Opfer identifiziert worden. Das jüngste Kind sei einen Monat alt gewesen. Unter den Opfern seien fünf Säuglinge und auch Kinder mit Behinderung.
„Es kann nicht sein, dass es rechtliche Hürden bei der Verfolgung der Täter gibt, weil die Speicherung von IP-Adressen durch Telekommunikationsanbieter nicht zulässig ist. Wir müssen uns fragen, was uns wichtiger ist: Kinderschutz oder umfangreichster Datenschutz, auch der potenziellen Täter", betont die Vorsitzende des Kindernetzwerks Dr. Annette Mund.
Aufrütteln müsste außerdem die Tatsache, dass sich der Polizeistatistik zufolge ebenfalls die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Missbrauchsdarstellungen insbesondere in sozialen Medien weiterverbreiteten, seit 2018 mehr als verzehnfacht habe. „Dies zeigt, dass hier Aufklärung und Gespräche an den Schulen stattfinden müssten", so Dr. Mund.

Dass der bekanntgewordene Gewalttäter aus Wermelskirchen seine Missbrauchshandlungen als Babysitter hat vornehmen können, zeigt, dass auch die Eltern noch mehr als bislang aufgeklärt werden müssten und polizeiliche Führungszeugnisse auch im privaten Bereich angefordert werden sollten.
Das Kindernetzwerk fordert neben besseren Maßnahmen zur Prävention und zur Strafaufklärung, die ja auch u.a. der Kinderschutzbund und die Kriminalbeamt:innen von der Politik seit Jahren einfordern, auch eine bessere Forschung dazu, wie viele Kinder und Jugendliche mit Behinderungen unter den Opfern sind.
Denn leider lassen polizeiliche Statistiken bislang keine ausreichen genauen Rückschlüsse „auf die Häufigkeit sexueller Gewalt an Menschen mit Behinderung im Allgemeinen und somit auch nicht für einzelne Behinderungsformen zu, da keine separate Erfassung und Dokumentation von sexuellen Übergriffen an Menschen mit Behinderung erfolgt. Die (inter)nationale Forschung zur sexuellen Gewalt an Menschen mit Behinderung steckt noch in den Kinderschuhen und erweist sich insgesamt als noch sehr überschaubar", wie es in einer Studie zum Thema heißt. Eine aktuelle Forschungsreview unterstreicht allerdings, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Behinderungen, einem erhöhten Risiko von sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind. Zudem findet Missbrauch mitunter auch in Institutionen wie besonderen Wohnformen statt, in denen sich diese Kinder und Jugendlichen in besonderer struktureller Abhängigkeit befinden (Studie "Gewaltstrukturen mit Menschen mit Behinderungen").

„Wir fordern hier neben besserer Prävention und mehr Möglichkeiten für unsere Polizei bei der Strafverfolgung auch deutlich mehr Forschung in diesem Graubereich", so die Kindernetzwerk-Vorsitzende Dr. Annette Mund.

Des Weiteren sollte noch mehr getan werden, um die Kinder zu unterstützen und stark zu machen. Entsprechende Informationen gibt es zwar bereits, diese sollten aber auch allen Trägern und Verantwortlichen zugehen und beachtet werden. Ein gutes Beispiel ist der „Katalog der Risiko- und Schutzfaktoren bei Kindesmisshandlung und -missbrauch", der mehr Beachtung verdient hätte.

 

Berlin, den 8.Juni 2022

Kathrin Jackel-Neusser
Geschäftsführerin Kindernetzwerk e.V.
jackel@kindernetzwerk.de
Telefon 030-257 659 60