Pressemitteilung vom 8. Januar 2025Bürokratie abbauen, pflegende Familien entlasten: Kindernetzwerk fordert dringend bessere Hilfsmittelversorgung
Pressemitteilung vom 8. Januar 2025
Bürokratie abbauen, pflegende Familien entlasten: Kindernetzwerk fordert dringend bessere Hilfsmittelversorgung
Das Kindernetzwerk e. V. und seine Mitgliedsorganisationen appellieren an die Politik, den bürokratischen Aufwand bei der Versorgung mit Hilfsmitteln, notwendigen Verbrauchsmaterialien und gesundheitsbezogenen Leistungen sowie Teilhabeleistungen drastisch zu reduzieren.
„Eltern sollten sich darauf konzentrieren können, ihre Kinder zu pflegen und zu begleiten, statt in endlosen Verwaltungsverfahren für Hilfsmittel zu kämpfen“, betont Susann Schrödel, Vorsitzende des Kindernetzwerks. „Noch in dieser Legislaturperiode müssen wesentliche Änderungen umgesetzt werden, damit jungen Betroffenen und ihren Familien endlich die Unterstützung zuteilwird, die sie dringend brauchen Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Behinderungen häufig jahrelang mit der gesetzlichen Krankenkasse um passende Hilfsmittel streiten müssen.”
Bürokratische Hürden belasten Familien
Ein zentrales Problem ist der wiederholte bürokratische Aufwand, selbst bei dauerhaften Erkrankungen oder Behinderungen. Verordnungen für Therapien, Schulassistenz oder Verbrauchsmaterialien müssen regelmäßig erneuert werden – ein Prozess, der Familien wertvolle Zeit und Energie raubt. Trotz ärztlicher Verordnungen werden Hilfsmittel von Krankenkassen häufig abgelehnt und langwierige Widerspruchsverfahren erschweren den Zugang zu notwendigen Leistungen.
In der Broschüre „Gemeinsam stark für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“[1] formuliert eine Mutter das Problem: „Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass wir unsere Kinder unter großem Einsatz unserer Kräfte erziehen und begleiten. Dabei sind wir manchmal auf Unterstützung und Hilfen von außen angewiesen. Die Inanspruchnahme dieser Hilfen und Leistungen soll uns nicht in eine Bittsteller-Rolle drängen. Die Hilfen müssen bedarfsgerecht und flexibel ausgestaltet werden, damit wir unserer Verantwortung für unsere Kinder gerecht werden können.“
Pflegende Eltern sehen sich oft mit unnötigen Hindernissen konfrontiert: Selbst bei klaren Ansprüchen dauert es Monate, bis dringend benötigte Leistungen bewilligt werden. Die Hürden zwingen viele Familien dazu, Hilfsmittel selbst zu finanzieren oder darauf zu verzichten – auf Kosten der Gesundheit und Entwicklung ihrer Kinder.
Politik muss handeln
Obwohl die Probleme schon lange bekannt sind und bei Gesprächen im Bundesgesundheitsministerium mehrfach adressiert wurden, sind bislang keine umfassenden Verbesserungen umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVSG), der dringend benötigte Entlastungen enthalten hätte, konnte aufgrund des frühzeitigen Endes der Koalition nicht verabschiedet werden.
„Die Zeit drängt“, mahnt Schrödel. „Das Leben der Kinder mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen schreitet voran und kann nicht auf immer neue Legislaturperioden warten.“ Das Kindernetzwerk fordert daher:
- Direkte Bewilligung von Hilfsmitteln durch die Krankenkassen bei Verordnungen durch sozialpädiatrische Zentren, ohne zusätzliche Prüfungen durch den Medizinischen Dienst.
- Längere Gültigkeitszeiträume für Verordnungen, um den Verwaltungsaufwand für Familien und Ärzte zu reduzieren.
- Einen Rechtsanspruch auf flexible und bedarfsgerechte Hilfen, der Eltern nicht in eine Bittsteller-Rolle drängt.
Folgen einer zögerlichen Umsetzung
Wird die bürokratische Belastung nicht abgebaut, drohen schwerwiegende Konsequenzen: Kinder verpassen wichtige Entwicklungszeitfenster, und Eltern sind gezwungen, dringend benötigte Hilfsmittel selbst zu finanzieren oder darauf zu verzichten. „Am Ende leiden die Kinder nicht an ihrer Behinderung, sondern an den Folgen nicht passender Hilfsmittelversorgung und verweigerter Teilhabe“, warnt Schrödel.
Das Kindernetzwerk e. V. appelliert eindringlich an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung: „Wenn ein Kind nach seinen Rechten greift, streckt es nicht die Hand zum Betteln aus – es fordert ein, was unantastbar ist.“
[1] Diese Broschüre ist das zentrale Ergebnis der Diskussionen in der Selbstvertretung im Rahmen des umfassenden Beteiligungsprozesses „Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“, der von November 2022 bis Dezember 2023 durchgeführt wurde. Im Rahmen des Prozesses wurden die Anforderungen, Optionen und nächsten Schritte für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe diskutiert. Abrufbar unter https://www.kindernetzwerk.de/FamKo_Broschuere_final.pdf
Wer wir sind:
Das Kindernetzwerk vertritt als bundesweiter Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen rund 900 Selbstvertretungsorganisationen und Einzelmitglieder, darunter mehr als 150 Bundesverbände und rund 200.000 weitere angeschlossene Mitglieder. Das Kindernetzwerk steht darüber hinaus mit vielen Dach-, Spitzen-, und Bundesverbänden der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im engen Austausch.
Kontakt:
Kathrin Jackel-Neusser
Geschäftsführerin Kindernetzwerk e. V.
jackel@kindernetzwerk.de