Pressemitteilung vom 15. Januar 2025Monitoring des Nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) und gesellschaftliche Diskussion unverzichtbar
Pressemitteilung vom 15. Januar 2025
Monitoring des Nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) und gesellschaftliche Diskussion unverzichtbar
Berlin – Das Kindernetzwerk e.V. fordert die unverzügliche Wiederaufnahme der parlamentarischen Abstimmung über den interfraktionellen Antrag zum Monitoring des Nicht-invasiven Pränataltests (NIPT). Der Antrag, der bereits im Gesundheitsausschuss einstimmig befürwortet wurde, war für die Sitzung des Bundestages am 8. November 2024 geplant, wurde jedoch aufgrund des Koalitionsbruchs kurzfristig von der Tagesordnung abgesetzt. Nun muss die Abstimmung in der Sitzungswoche Ende Januar 2025 erfolgen, um sicherzustellen, dass dieses wichtige Thema noch in der aktuellen Legislaturperiode behandelt wird.
Besorgniserregender Trend: NIPT als Standard-Screening
Seit der Kassenzulassung des NIPT im Juli 2022 zeigt sich ein besorgniserregender Trend: Erste Auswertungen der Abrechnungsdaten belegen, dass der Test zunehmend als Standard-Screening auf Trisomien – insbesondere auf das Down-Syndrom – genutzt wird. Dies steht im Widerspruch zur ursprünglichen Zielsetzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), der eine Anwendung lediglich in begründeten Einzelfällen vorsah. Bereits 2019 hatte der Deutsche Bundestag in einer Orientierungsdebatte ein allgemeines Screening aus ethischen Gründen abgelehnt.
Ethische Fragen und gesellschaftliche Konsequenzen
Susann Schrödel, Vorsitzende des Kindernetzwerk e.V., erklärt: „Seit Juli 2022 übernehmen die Krankenkassen die Kosten für den NIPT auf die Trisomien 13, 18 und 21. Diese Entscheidung wurde jedoch ohne eine tiefgehende Diskussion über die damit verbundenen ethischen Fragen getroffen. Die gesellschaftlichen Konsequenzen dieser Entwicklung dürfen nicht ignoriert werden. Es braucht eine offene Debatte und ein fundiertes Monitoring, um die Auswirkungen der Kassenzulassung zu bewerten.“
Die gesellschaftlichen Folgen eines standardisierten NIPT-Screenings sind weitreichend und werfen zentrale ethische Fragen auf:
- Wird die Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen verstärkt?
- Stürzen auffällige Testergebnisse werdende Eltern in unerträgliche Entscheidungskonflikte und stellen bereits getroffene Entscheidungen für ein Kind infrage?
- Erhöht sich der gesellschaftliche Druck auf werdende Eltern, sich für oder gegen ein Leben mit einem Kind mit Behinderung zu entscheiden?
- Verändert sich das gesellschaftliche Bild von Vielfalt und Akzeptanz, wenn bestimmte genetische Merkmale zunehmend aussortiert werden?
Das Fehlen eines belastbaren Monitorings erschwert es, diese und weitere Fragen zu beantworten.
Dringender Handlungsbedarf
Das Kindernetzwerk e.V. fordert den Bundestag deshalb auf, den interfraktionellen Antrag „Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests – Monitoring der Konsequenzen und Einrichtung eines Gremiums“ (Drucksache 20/10515) umgehend zur Abstimmung zu bringen.
Susann Schrödel betont: „Nur durch die Erhebung und Auswertung fundierter Daten kann sichergestellt werden, dass die ethischen und gesellschaftlichen Konsequenzen der Kassenzulassung des NIPT angemessen berücksichtigt werden.“
Und weiter: „Wenn diese Abstimmung nicht rechtzeitig erfolgt, besteht die Gefahr, dass das Thema auf unbestimmte Zeit vertagt wird und der Gesetzgeber weiterhin seiner Verantwortung nicht gerecht wird. Dies darf angesichts der bereits vorliegenden Hinweise auf eine Fehlentwicklung nicht passieren.“
Wer wir sind:
Das Kindernetzwerk vertritt als bundesweiter Dachverband der Selbsthilfe von Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen rund 900 Selbstvertretungsorganisationen und Einzelmitglieder, darunter mehr als 150 Bundesverbände und rund 200.000 weitere angeschlossene Mitglieder. Das Kindernetzwerk steht darüber hinaus mit vielen Dach-, Spitzen-, und Bundesverbänden der Selbsthilfe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im engen Austausch.