Netzwerkarbeit in der SelbsthilfeMehr Partizipation
Die Selbsthilfe hat in den letzten Jahrzehnten ein funktionierendes Unterstützungssystem für betroffene Familien aufgebaut und sich als wichtiger Partner im deutschen Gesundheits- und Sozialsystem etabliert. Sie ermöglicht den Familien einen unkomplizierten Austausch mit Menschen, die ähnliche Alltagserfahrungen durchleben. Hier erhalten die Familien wichtige Informationen und geben sie an andere Familien weiter. Gemeinsam finden sie Wege zur Bewältigung. Anfänglich fehlten häufig (regionale) Selbsthilfegruppen und es bestanden medizinische Informationslücken, zum Beispiel bei seltenen Erkrankungen. Mittlerweile hat sich die Selbsthilfe hin zu einem wesentlichen Pfeiler in der Gesundheitsversorgung und -förderung entwickelt und bietet neben einer Vielzahl an Selbsthilfegruppen umfangreiche Wissensbestände zu vielfältigen Themen und Alltagserfahrungen mit unterschiedlichsten Krankheitsbildern.
Über die Selbsthilfe haben betroffene Menschen darüber hinaus die Möglichkeit sich im Rahmen der Selbstvertretung politisches Gehör für ihre Bedarfslagen zu verschaffen. Denn das Recht von Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen auf Partizipation an sie betreffenden Entwicklungsprozessen ist rechtlich verankert. Die Steigerung der Lebensqualität von Familien mit chronisch kranken und behinderten Kindern ist eng verknüpft mit deren Partizipation an sie betreffenden übergeordneten Entscheidungsprozessen, in welchen die Rahmenbedingungen für die Familien entwickelt werden. Denn nur wenn dort die Lebensumstände und Herausforderungen der Familien bekannt sind, können diese ausreichend berücksichtigt werden.
Seit gut 10 Jahren unterliegt Selbsthilfe allerdings einem gravierenden Wandel
Selbsthilfeorganisationen berichten über einen Rückgang ihrer Mitgliederzahlen und eine schwindende Bereitschaft, Ämter innerhalb der Organisationen zu übernehmen. Und Jugendliche und junge Erwachsene waren schon immer schwer für die Selbsthilfe erreichbar. Wie können unter diesen Bedingungen dennoch die wesentlichen Funktionen der Selbsthilfe, wie das Bündeln von Informationen, der Austausch untereinander und die Interessenvertretung, aufrechterhalten werden? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dies für die in der Regel ehrenamtlich engagierten Selbsthilfevertreter:innen einen zusätzlichen Aufwand neben der an sich schon fordernden Versorgung und Betreuung der eigenen Kinder bedeutet. In dieser Handreichung geht es daher darum, wie Informationsflüsse, Netzwerkarbeit und Partizipationsprozesse in der Selbsthilfe gestaltet sind, und wie die organisierte Selbsthilfe durch eine Systematisierung der Vernetzung auch zukünftig ihre wesentlichen Aufgaben erfüllen kann.
Um die Inhalte für diese Handreichung zu erarbeiten, fanden im Rahmen des GKV-geförderten Projektes “Empowerment in der Selbsthilfe – Maßnahmenpaket „Care Management“ eine Mitgliederbefragung, Workshops und vielfältige Gespräche mit Mitgliedsorganisationen statt. Ziel war es, die Netzwerk- und Informationsstrukturen, an denen die Mitgliedsorganisationen beteiligt sind, zu erfassen und zu ermitteln, inwieweit Partizipation an fallübergreifenden Entwicklungsprozessen bereits erfolgreich umgesetzt wird. Die Ergebnisse des Projektes sind in dieser Handreichung zusammengefasst ...