Eignung muss vorhanden seinInteressierte Angehörige können nicht immer Betreuer sein
Wenn Menschen ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können, bekommen Angehörige nicht automatisch den Zuschlag für die Betreuung. Sie haben zwar grundsätzlich Vorrang, müssen für diese Aufgabe aber auch geeignet sein, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss entschied. Ein Vater, der auch eigene Interessen und nicht vorrangig das Wohl seines Kindes im Auge hat, ist danach nicht geeignet.
Im konkreten Fall geht es um eine inzwischen 25jährige Frau, die wegen einer „mittelgradigen Intelligenzminderung“ ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln kann. Nach ihrem 18. Geburtstag wurde daher eine Betreuung eingerichtet, was bedeutet, dass die Betreuerin oder der Betreuer für bestimmte Bereiche die Entscheidungen trifft, hier etwa bezüglich Aufenthalt, Gesundheit und Vermögen.
Zunächst hatte die Schwester die Betreuung übernommen, dann der Vater. Die Eltern hatten sich allerdings zwischenzeitlich getrennt, und die Mutter war mit der Betreuung durch den Vater unzufrieden. 2016 beantragte sie daher, selbst zur Betreuerin bestellt zu werden.
Das Amtsgericht Aachen kam dem zwar nicht nach, doch auch der Vater durfte die Betreuung nicht behalten. „Angesichts des Konfliktpotenzials in der Familie“ bestellte das Gericht vielmehr eine unabhängige Berufsbetreuerin. Der Vater wollte selbst Betreuer bleiben und legte hiergegen Beschwerde ein. Vor dem Landgericht Aachen und nun auch vor dem BGH hatte er damit keinen Erfolg. Zwar hat der Gesetzgeber der ehrenamtlichen Betreuung bewusst den Vorrang vor einer beruflich geführten Betreuung gegeben“, heißt es in dem Karlsruher Beschluss. Dies setze aber voraus, dass der private Betreuer auch „geeignet“ ist. Dies sei hier nämlich nicht der Fall.
Denn der Vater habe sich bei seinen Entscheidungen nicht nur vom Wohl seiner Tochter, sondern auch von seinem eigenen Konflikt mit der Mutter leiten lassen. Er sei nicht bereit, die wichtigen Kontakte zu ihr zu fördern, sondern versuche sogar, sie zu unterbinden. Daher sei er als Betreuer nicht „geeignet“, urteilte der BGH.
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2020, Az.: XII ZB 329/19