Sozialamt muss Grundschülerin Autismustherapie bezahlen Leistungspflicht besteht unabhängig vom Elterneinkommen
Celle. Das Sozialamt muss die Autismustherapie für Grundschulkinder unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Eltern zahlen. Denn die Leistung ist als „Hilfe zur angemessenen Schulbildung“ kostenprivilegiert, entschied das Landessozialgericht (LSG) NiedersachsenBremen in Celle in einem am 16. Dezember 2019 bekanntgegebenen Urteil.
Im konkreten Fall ging es um ein achtjähriges, von frühkindlichem Autismus betroffenes Mädchen. Sie besucht eine Inklusionsklasse einer regulären Bremer Grundschule und erhielt dort eine 1:1 Betreuung.
Die Eltern beantragten beim Sozialamt zusätzlich für ihre Tochter die Kostenübernahme für eine ambulante Autismustherapie von vier Wochenstunden. Die Klassenlehrerin und eine Kinder und Jugendpsychiaterin sahen in der Therapie eine „Hilfe für eine angemessene Schulbildung“. Zwar würden insbesondere soziale und lebenspraktische Fähigkeiten vermittelt. Dies fördere aber auch das schulische Lernen.
Das Sozialamt lehnte die Kostenübernahme ab. Die Eltern verfügten über ausreichende finanzielle Mittel, die Autismustherapie aus eigener Tasche zu bezahlen.
Wegen der unklaren Kostenfrage nahmen die Eltern für ihre Tochter von Juni 2016 bis Mai 2018 eine kürzere Therapie in Anspruch. Vom Sozialamt forderten sie die Erstattung der Kosten in Höhe von insgesamt 7.377 Euro.
Das LSG urteilte, dass die ambulante Autismustherapie als „Hilfe zur angemessenen Schulbildung“ anzusehen und damit kostenprivilegiert sei. Die Therapie fördere die Aufmerksamkeit, Konzentration und die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten. Damit trage sie zu einem erfolgreichen Schulbesuch bei.
Für eine Kostenübernahme durch das Sozialamt unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Eltern müsse die Maßnahme nicht allein auf den Schulbesuch ausgerichtet sein, betonte das LSG. Es reiche aus, wenn die Therapie den Schulbesuch erleichtert. Anderslautende interne Weisungen der Behörde spielten hierbei keine Rolle.
Urteil vom 28. November 2019, Az.: L 8 SO 240/18